30.08.2018

KVV-Bilanz 2017: Neuausrichtung der kommunalen Unternehmensgruppe auf gutem Weg

KVG und STW mit soliden Geschäftsabschlüssen

Dr. Michael Maxelon

Kassel, 30. August 2018. Die Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH (KVV) mit ihren beiden größten Töchtern Städtische Werke AG und Kasseler Verkehrs-Gesellschaft AG (KVG) hat am Donnerstag, 30. August 2018, die Bilanz des Geschäftsjahres 2017 vorgestellt. Der Umsatz der Verkehrssparte ist – auch dank der Besucher der documenta – leicht angestiegen. Die Städtischen Werke konnten trotz leichtem Rückgang der Absatzmengen ein über den Erwartungen liegendes Ergebnis erwirtschaften. Währenddessen geht die 2016 begonnene Neuausrichtung des Konzerns planmäßig voran. Die Vereinbarungen zur Umsetzung der dafür vorgesehenen Maßnahmen stehen kurz vor dem Abschluss.

Neuausrichtung der KVV-Gruppe

Unter dem Titel „Fit für die Zukunft“ hat die KVV im Berichtsjahr ein Programm gestartet, das die gesamte Gruppe zukunftsfähig ausrichten soll. Wesentliches Ziel dieses Programms ist die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit aller Konzernunternehmen, um der verschärften Konkurrenzsituation auf den Märkten und den steigenden Kundenanforderungen begegnen zu können. Zu dem Programm zählen unter anderem eine Absenkung der Kostenbasis, eine marktorientierte Aufstellung und eine weitere Steigerung der Dienstleistungsqualität zugunsten der Kunden – den Kasseler Bürgerinnen und Bürgern. Dr. Michael Maxelon, Geschäftsführer der KVV und Vorstandsvorsitzender der Städtischen Werke und der KVG, sagte hierzu: „Wir haben 2017 eine echte Herkulesaufgabe begonnen, die uns auch in den nächsten Jahren noch begleiten wird. Für das Gelingen ist der richtige Start entscheidend.

Dafür haben wir bereits 2017 einen Beschäftigungssicherungsvertrag mit der Arbeitnehmerseite geschlossen und dieses Jahr einen Rahmensozialplan. Damit sind wichtige Weichen gestellt: Betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen und die Mitarbeiter sollen auch keine finanziellen Einbußen erleiden. Das entspricht unserem Selbstverständnis als verantwortungsvollem, kommunal getragenem Arbeitgeber. Den notwendigen Personalabbau wollen wir wie angekündigt über natürliche Fluktuation, freiwilliges Ausscheiden und Altersteilzeitmodelle regeln. Wir können also das, was wir vor Jahresfrist versprochen haben, auch liefern. Aktuell befinden wir uns in den Schlussverhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern zu den geplanten Betriebsänderungen. Danach geht es an die Umsetzung.“

Neben den Maßnahmen zur Kostensenkung soll zum 1. Januar 2019 auch eine neue Organisationsstruktur eingeführt werden, mit der einerseits eine größere Kundennähe und andererseits eine verbesserte Steuerbarkeit der Geschäftsprozesse ermöglicht werden soll. Ziel ist es unter anderem, die Qualität der Dienstleistung konsequent auszubauen und die Effizienz der Leistungsprozesse weiter zu erhöhen. Bereits zum 1. November 2018 wird ein neuer Vertriebsvorstand bei den Städtischen Werken die Arbeit aufnehmen. Dr. Olaf Hornfeck, derzeit Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke in Trier, wird die Aufgaben von Stefan Welsch übernehmen, der im April 2018 das Unternehmen verlassen hatte.

Energiesparte

Die Städtische Werke AG und ihre Tochtergesellschaften haben im Geschäftsjahr 2017 einen Jahresüberschuss von 25 Millionen Euro erwirtschaftet. Mit dem Ergebnis von 2016 mit 18 Millionen Euro sei dieses Ergebnis allerdings nicht vergleichbar, betonte Maxelon. 2017 lag das Ergebnis aufgrund außerordentlicher Effekte über den normalisierten Ergebnissen der Vorjahre. Gemeinsam mit ihren beiden großen Tochtergesellschaften, der Städtische Werke Netz + Service GmbH (NSG) und der Städtische Werke Energie + Wärme GmbH (EWG), investierte die Städtische Werke AG 2017 mit 40,3 Millionen Euro spürbar weniger als im Vorjahr mit 80,8 Millionen Euro. Ursache sind diverse große Einmaleffekte im Jahr 2016, unter anderem durch Beteiligungen (Kapitaleinlagen) an Windparks (Stiftswald und Kreuzstein) sowie der Neubau des Umspannwerks Sandershausen und des Umspannwerks Windpark Stiftswald/Kreuzstein. Der Personalstand der Energiesparte der KVV sank zum Jahresende leicht von 917 auf 897 Mitarbeiter.

Die Umsatzerlöse liegen mit 438,1 Millionen Euro deutlich über dem Vorjahr. Der Anstieg der Umsatzerlöse gegenüber dem Vorjahr resultiert insbesondere aus höheren Netzentgelten, welche sich aus gestiegenen vorgelagerten Netzkosten ergeben.

„Das Betriebsergebnis ist aber auch wegen geringerer Aufwendungen und unserer erfolgreichen Sparmaßnahmen erfreulich gut ausgefallen“, erläuterte Maxelon den Jahresabschluss.

Städtische Werke mit Tochtergesellschaften:

2017 2016
Umsatzerlöse Mio. €438,1422,6
Betriebsergebnis Mio. €36,231,1
Jahresüberschuss Mio. €25,117,8
Investitionen Mio. €40,380,8
Mitarbeiter (inklusive Auszubildende)897917

Absatzmengen

Sparte20172016
Strom (im Netzgebiet)813,4 GWh691,7 GWh
Gas (inkl. Weiterverteiler)2.852,2 GWh (inkl. 1.611,9 GWh)3.671,3 GWh (inkl. 2.399,8 GWh)
Wasser (inkl. KASSELWASSER)11.181.894m³11.065.618 m³


Windprojekte

Der Windpark Kreuzstein bei Großalmerode mit acht Windkraftanlagen der Drei-Megawatt-Klasse ging planmäßig Ende des dritten Quartals 2017 in Betrieb. Obwohl die Anlaufphase noch nicht abgeschlossen ist, zeigt der Standort bereits sein Potenzial für gute Winderträge. Das Projekt Kreuzstein ist das erste gemeinsam mit der Stadtwerke Union Nordhessen (SUN) entwickelte Windpark. Die Windparks Söhrewald/Niestetal, Rohrberg und Stiftswald liefen nicht nur bemerkenswert zuverlässig, sie überschritten ihre geplanten Erzeugungswerte auch zwischen vier und 20 Prozent. „Das Investment in Wind ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern für uns und unsere Partner wie Bürgerenergiegenossenschaften auch wirtschaftlich ein voller Erfolg“, sagte Maxelon. Die Städtischen Werke beteiligen Bürger, nordhessische Stadtwerke und auch Kommunen an ihren Windparks. Auf dem Steinberg bei Ziegenhagen plant die SUN derzeit einen Windpark mit vier Windrädern. Nördlich von Kassel ist die SUN einer der Partner der Energiegenossenschaft Reinhardswald. Dort sollen in den kommenden Jahren an zwei Standorten nach derzeitigen Planungen 20 Windkraftanlagen entstehen.

Bäder

Am 1. Mai 2017 hat nach einjähriger Sanierung das Freibad Wilhelmshöhe seinen Betrieb wieder aufgenommen und mit fast 70.000 Besuchern erfreulich viele Badegäste angezogen. 2018 hat das Bad sogar die 100.000-Marke übertroffen – seit 1980 erst zum vierten Mal. Auch das 2015 grundsanierte Freibad Harleshausen erweist sich weiterhin als Publikumsmagnet. Laut Maxelon zeige diese Entwicklung, „dass der Beschluss der Stadt Kassel, die Bäderlandschaft der Stadt komplett neu zu ordnen und großflächig zu sanieren, ein voller Erfolg war. Das hat Kassel bundesweit zu einer einmaligen Bädervielfalt verholfen, auf die wir stolz sein können.“

Neubau Wasserwerk Nieste

In Nieste baut die NSG seit September 2016 ein neues Wasserwerk. 2017 lagen die Bauarbeiten im Plan. Der Probebetrieb des Wasserwerks beginnt in wenigen Wochen. Vorteil der erweiterten Wassergewinnungsstätte: Die Brunnen können ohne Pumpen betrieben werden; außerdem fließt das Wasser durch die höhere Lage Niestes ebenfalls ohne Pumpenbetrieb nach Kassel. Das spart Strom und schont die Umwelt. Positiver Nebeneffekt: Die neuen Brunnen können auch bei starkem Regen und damit ganzjährig genutzt werden. Die aktuelle Quellwassergewinnung kann bei kräftigen Regenfällen nicht genutzt werden, da das Wasser eintrübt. Dass der Neubau dringend notwendig war und weitere Investitionen in die Wassergewinnung und -verteilung erfolgen müssen, habe dieser Sommer gezeigt. „Im Schnitt fördern wir maximal 33.000 Kubikmeter Wasser am Tag. In diesem heißen Sommer 2018 waren es gut 50.000. Wir waren zwar noch nicht in der Situation, dass uns das Wasser ausgegangen ist. Aber wir waren hart an der Grenze. Gehäufte extreme Wetterereignisse führen zu einem erkennbar höheren Investitionsbedarf. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Qualität. Wir dürfen uns diesen Erfordernissen nicht verschließen“, betonte Maxelon.

Verkehr

Die KVG ist mit rund 44,6 Mio. Fahrgästen im Jahr 2017 der größte nordhessische ÖPNV-Dienstleister. Weitere 2,1 Mio. Fahrgäste waren auf den Strecken des KVG-Beteiligungsunternehmens Regionalbahn Kassel unterwegs. In wirtschaftlicher Hinsicht blieb das Ergebnis der KVG im Jahr 2017 mit -17,4 Millionen Euro im Plan. „2017 investierte die KVG 18,6 Millionen Euro“, erläuterte Dr. Maxelon, und weiter: „Den Schwerpunkt stellte die notwendige Ersatzbeschaffung von 23 Bussen zur Verjüngung unserer Busflotte dar.“ Im Infrastrukturbereich flossen die meisten Investitionen in den Gleisaustausch in der Wilhelmshöher Allee. Das Jahr 2017 war zudem von den Vorarbeiten zur Einführung der Liniennetzreform im März 2018 geprägt.

Die wichtigsten Kennzahlen der KVG 2017 (in Tsd. Euro, Stand: 31.12.2017):

 

2017 2016 2015 
Umsatzerlöse*)64,486,3100,4
Erlös aus Linienverkehr50,048,647,7
Betriebsergebnis-15,2-14,7-13,7
Verlust nach Steuern17,417,315,7
Investitionen 18,616,913,1

Mitarbeiter inkl. Auszubildende bei:

KVG

KVN 

 

602

266

 

642

248

 

599

266

*) Ergebnisneutraler Verrechnungseffekt aus Umstellung auf Gemeinschaftsbetrieb KVG/KVN

Die Stadt Kassel weiß um die Bedeutung des Nahverkehrs und leistete auch im Jahr 2017 mit insgesamt 32,7 Millionen Euro einen erheblichen Beitrag zu dessen Finanzierung. Diese Summe setzt sich zusammen aus dem Substanzerhaltungsbeitrag in Höhe von 23,7 Millionen Euro, der Infrastrukturkostenhilfe von 4,9 Millionen Euro und den Pensionsverpflichtungen von 4,1 Millionen Euro.

Gegenüber dem Vorjahr stieg der Zuschussbedarf der KVG zwar leicht um rund 100.000 Euro, gleichwohl lag er besser als der Plan. Der Kostendeckungsgrad war im Bundesvergleich mit 84 Prozent weiterhin erfreulich hoch. Die Umsatzerlöse aus dem Linienverkehr lagen im Jahr 2017 mit 36,6 Millionen Euro über dem Vorjahreswert von 34,3 Millionen Euro. Hintergrund dieser Veränderung sind Anpassungen der Einnahmeaufteilung des NVV.

Im Documenta-Jahr 2017 stiegen die Einnahmen aus Ticketverkäufen der KVG um 1,2 Prozent oder rund 600.000 Euro. Die in den Vorjahren sehr deutliche Zunahme der Verkäufe von Jahreskarten und JobTickets fiel dagegen niedriger aus. Wesentliche Ursachen waren die Einführung des hessenweiten SchülerTickets sowie die Migration auf ein neues JobTicket-Modell. Sehr erfreulich entwickelten sich die Monatskarten für Erwachsene mit einem Plus von sechs Prozent und der Zuwachs bei den MultiTickets um zwölf Prozent.

Mit 18,6 Millionen Euro brutto erreichten die Investitionen einen neuen Höchststand. Das Gros der Mittel mit 2,3 Millionen Euro floss in die Fortsetzung des Retrofitprogramms für die Bahnen der ersten Niederflurgeneration, gefolgt von 1,4 Millionen Euro für den Umbau weiterer Tram-Beiwagen. Zum Wert von 5,4 Millionen Euro erwarb die KVG 23 neue Busse.

Kasseler Linien

Die Vorbereitungen für die „Kasseler Linien“, das neu strukturierte Linienverkehrsangebot für die Stadt Kassel, prägten die Aufgaben sämtlicher KVG-Bereiche im Jahr 2017. Dazu zählte die Erstellung neuer Fahr-, Umlaufpläne aber auch Dienstpläne für 400 Fahrdienstmitarbeiter. Im Herbst startete zudem das Training der Fahrer, um sie im Fahrdienst, der Betriebsleitstelle und den Kundenzentren über die Neuerungen zu schulen. Auch für die Kommunikation mit den Fahrgästen wurde ein hoher Aufwand betrieben, gleiches gilt für die Erstellung eines interaktiven Linienplans für die Website der KVG.

Gleich zu Beginn der „Kasseler Linien“ sollten Tram-Beiwagen auf der neuen Linie 6 verkehren. Deshalb war der Fahrzeugbereich der KVG gefordert, die aus Rostock gekauften gebrauchten Anhänger pünktlich für den „Tag X“ umzubauen und die Betriebsgenehmigung zu erhalten. Eine Beiwagenlinie und neue Fahrwege für Busse: Auch hierfür mussten Vorbereitungen getroffen werden. Zum Beispiel wurden Tramhaltestellen verlängert und neu signalisiert, Bushaltestellen gebaut und nicht mehr benötigte mussten stillgelegt werden.

Fahrzeuge

Ebenfalls parallel zu den Vorbereitungen auf die Liniennetzreform wurde das Retrofit der ersten Generation der Niederflurstraßenbahnen (6ENGTW) vorangetrieben. Im Frühjahr 2017 nahm die KVG schließlich 23 neue Busse in Betrieb – als Auftakt für die schrittweise Erneuerung der gesamten Busflotte bis 2025.

Bauprojekte

In baulicher Hinsicht war das Jahr 2017 von der documenta geprägt, da für den Zeitraum rund um die Ausstellung keine größeren innerstädtischen Bauprojekte genehmigt werden. Die wichtigsten waren der Gleisaustausch am Holländischen Platz, im Tramabzweig von der Ihringshäuser- zur Fuldatalstraße und an der Ausfahrt des Vorplatzes des Bahnhofs Wilhelmshöhe sowie die von der Öffentlichkeit stark wahrgenommenen Gleisarbeiten in der Wilhelmshöher Allee inklusive einer Begrünung.

Ausblick

Im vergangenen Jahr hat die KVV intensiv ihre internen Prozesse, Strukturen und Abläufe untersucht. Auf dieser Basis wurde eine Vielzahl von Optimierungspotenzialen entwickelt, die in den folgenden Jahren umgesetzt werden. Trotz dieser positiven Entwicklung ist die Neuausrichtung nicht abgeschlossen. Zumal der Investitionsbedarf im Energie- und im Verkehrssektor hoch bleibt und der Wettbewerb auf den Energiemärkten immer größer und mit immer fragwürdigeren Methoden ausgetragen wird. Eine Änderung der Förderpolitik für Investitionen im Verkehrsbereich ist aus Sicht der KVG und KVV dringend erforderlich. Nahverkehrsunternehmen können notwendige Investitionen nicht alleine tragen. Wenn Mobilität einen Anteil an der Reduktion des Ausstoßes von Klimagasen haben soll, dann muss der ÖPNV auch von Bund und Ländern gestärkt werden.

Die KVV als Infrastrukturunternehmen wird durch vielfältige Digitalisierungsinitiativen ihren Beitrag dazu leisten, dass Kassel immer mehr zu einer „smarten“ Stadt wird. Dazu zählt der weitere Breitbandausbau mit schneller Glasfaser in Kassel genauso, wie die intelligente Vernetzung der Verkehrssysteme.